Freitag, 23. Juni 2006

(Un)Verständnis und gut gemeinte Ratschläge

Ich erinnere mich noch schemenhaft, wie eine gute Freundin sich vor ein paar Jahren bei mir ausheulen wollte, weil ihre Eltern sich trennten. Ok, ich war jung, aber ich muss auch eingestehen, dass ich sie damals einfach nicht verstand. Ich konnte nicht nachvollziehen, was in ihr vorging, wie sie sich fühlte. Das änderte sich schlagartig, als meine Eltern sich ebenfalls trennten. Plötzlich war das Verständnis und damit wohl auch die gemeinsame Basis gegeben. Plötzlich war da etwas, worüber man sich austauschen konnte.
Was ich damit sagen will ist eigentlich nur, dass ich ungemeine Probleme damit habe, mich in die Lage von Personen zu versetzen, die in Situationen sind, in denen ich selbst noch nie war. Die Floskel "Ich kann mir vorstellen, wie es dir geht." liegt da meistens schnell auf der Zunge, aber seit einer Weile gebe ich mir Mühe sie runter zuschlucken, weil sie in vielen Fällen eine glatte Lüge wäre. Generell sind Floskeln und gut gemeinte Ratschläge schnell zur Hand und ausgesprochen, bevor man länger darüber nachgedacht hat. Aber bei eingehender Betrachtung hilft meistens weder das eine, noch das andere.
Erstaunlicherweise bringt mich diese Erkenntnis aber nicht dazu davon gänzlich Abstand zu nehmen. Jedesmal wenn mir jemand sein Leid klagt bin ich versucht die üblichen hohlen Phrasen anzubringen und Ratschläge zu geben, von denen mir selbst gleich schon von Anfang an klar ist, dass sie ein wenig realitätsfern sind und eher in eine Seifenoper als in das wahre Leben passen. Mir ist mittlerweile klar, woher diese fast schon reflexartige Handlung kommt. Wenn jemand zu mir kommt und von einem Problem erzählt, dann habe ich fast immer auch das Gefühl, dass man von mir erwartet, dass ich es löse oder bei der Lösung zumindest tatkräftig mithelfe. Außerdem könnte schweigendes Zuhören eventuell als Desinteresse gewertet werden. Aber mittlerweile frage ich mich, ob bloßes Zuhören manchmal nicht doch das richtige ist. Den Gegenüber seinen Kummer von der Seele reden lassen und hoffen, dass er gar nicht mehr will. Nicht erwartet, dass man seine Probleme löst.
Aber ich glaube anschließend würde ich mich noch mehr als Versager fühlen. Bei gut gemeinten Ratschlägen ist die Chance das sie fruchten vielleicht minimal, aber es besteht immer noch die kleine Hoffnung, dass sie es tun.
Nielsson - 24. Jun, 09:35

Mal eine Frage aus persönlichem Interesse: Hilft dir das (Auf-) Schreiben hier?
Bei mir muss ich nämlich feststellen, dass das eher nicht der Fall ist.

plueschhase - 24. Jun, 12:39

Das ist ganz unterschiedlich.
Bei manchen Sachen hilft es schon irgendwie, bei manchen aber auch gar nicht.
jaweka - 26. Jun, 10:00

Ist es nicht...

... manchmal einfach die Hilflosigkeit, die uns so reagieren lässt. Was soll man schon sagen, wenn sich die Eltern einer Freundin trennen. "Wird schon wieder?".. oder "Hey, eigentlich ist es das beste, was euch passieren konnte?"

Man kann kein "Fallbeispiel" pauschalisieren, weil jedes eben wiederrum andere Hintergründe hat (man schaue sich meinen Fall an..)

Und was bleibt einem denn schon übrig, außer zuzuhören, gut zureden und ein paar gut gemeinte Floskeln loszuwerden?
Du kannst nicht jedes Problem lösen. Du kannst oftmals nicht einmal groß Einfluss darauf nehmen, wenn das Problem gar Dritte betrifft.

Manchmal ist es einfach der Schock, der von dieser Ungeheuerlichkeit der Nachricht kommt, den man mit einem teilen muss, der halbwegs Verständnis hat für solche Probleme. Ich bin ja genauso hilflos wie du... aber es geht mir schon besser, wenn ich nicht allen Kummer und alle Last alleine tragen muss.

Geteiltes Leid ist halbes Leid...
oder:
Abwarten und Tee trinken
oder:
Alles wird gut!

HG

Dreh dich um,
dreh dich um.
Vergiß deine Schuld, dein Vakuum.
Wende den Wind, bis er dich bringt
weit zum Meer.
Du weißt, wohin.

...

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