Dienstag, 25. April 2006

Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Rainer Maria Rilke, September 1903

Gedankenfetzen

Noch eine dieser Erinnerungen, die vor ein paar Wochen irgendwo aus der Tiefe meines Gedächnisses hochstieg und mich seitdem nicht immer, aber doch immer mal wieder boshaft anzugrinsen scheint.

Das muss jetzt schon mindestens fünf oder sechs Jahre her sein. Folgende Situation: Meine Eltern hatten etwa ein halbes Jahr getrennt voneinander gelebt, da mein Dad zwischenzeitlich eine andere gehabt hatte und mit ihr eben auch zusammen eine Wohnung genommen hatte. Irgendwann hatte der Mann der anderen sie quasi wieder "zurückgekauft", das heißt, sie ließ meinen Dad eiskalt sitzen, nachdem er für die neue Wohnung seine Lebensversicherung aufgelöst und einiges an gespartem Geld ausgegeben hatte. Nun gut, ich kann nicht behaupten, dass er mir damals besonders leid tat oder das ich den vollen Ausmaß dieser Problematik überschaute.
Naja, auf jeden Fall hatte mein Vater sich die Idee in den Kopf gesetzt, dass er zurück zu meiner Mutter und damit ja auch zu uns wolle. Verständlicherweise war meine Mum unschlüßig, ob sie darauf jetzt eingehen sollte und deshalb beschloss sie eine Woche in den Urlaub zu fahren und uns bei meinem Vater zu lassen. Das alles wäre vermutlich gar nicht mal so tragisch geworden, hätte ich ihn irgendwann beim Abendbrot in meiner kindlichen Naivität nicht gefragt: "Papa, was machst du eigentlich, wenn Mama dich nicht zurücknimmt?" Die kurze, dafür aber umso erschütternde Antwort: "Erschießen?!" Vielleicht war es auch gar nicht dieses Wort an sich, was sich so festgefressen hat, sondern viel mehr dieser hoffnungslose Blick, der wenig Zweifel daran ließ, dass es sein Ernst war.

Mittlerweile frage ich mich, wie verzweifelt und fertig man sein muss, um seiner 11- oder 12-jährigen Tochter sowas ohne weiter darüber nachzudenken entgegen zu schleudern. Wie kann man überhaupt so egoistisch sein und an Selbstmord denken, wenn es Menschen gibt, die einen brauchen? Ist es richtig anderen weh zu tun, nur um es selbst leicht zu haben?

Aber wenn man mal bedenkt, wie es dann am Ende gekommen ist, kann man über die Ironie des Schicksals wirklich nur den Kopf schütteln und sich fragen, warum es einem manchmal so böse mitspielt.

Und was vielleicht das schlimmste an sowelchen Erinnerungen ist: man kann sie nie vollends verarbeiten, weil man nicht mehr die Chance hat dem anderen Menschen zu sagen, wie sehr er einen damit verletzt hat oder eine Erklärung für sowelche Sachen zu verlangen.
Klar, man kann mit anderen darüber reden, aber irgendwie bleibt dabei immer ein schales Gefühl zurück. Zum einen bricht dadurch alles nur wieder auf und zum anderen fühlt man sich mies dabei schlecht über jemanden zu reden, der sich nicht mehr dagegen wehren kann.

Aber es ist eben nicht so leicht Tote immer nur in guter Erinnerung zu behalten ...

HG

Dreh dich um,
dreh dich um.
Vergiß deine Schuld, dein Vakuum.
Wende den Wind, bis er dich bringt
weit zum Meer.
Du weißt, wohin.

...

Der Trend geht zum Zweit­blog.

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